LOST IN MUSIK 11 / MUTTER, DORIS UND VERWANDTE

1995, TV Collaboration
LOST IN MUSIK 11 / MUTTER, DORIS UND VERWANDTE
Turner&Tailor (Dreher)
58:30 min, Beta Sp

mit: Stereo Total, Mutter, Die Tödliche Doris, Frieder Butzmann, Klaus Beyer, „Geniale Dilletanten“, Einstürzende Neubauten u.a.

LOST IN MUSIC: MUTTER, DORIS und VERWANDTE präsentiert eine Reihe von Künstlern und Bands aus Berlin, die jenseits von Trends und Moden sehr eigenständige Auffassungen und Stile pflegen.
Grundlage und „Ursuppe“ dieser Szene ist die Berliner Bewegung der sogenannten „Genialen Dilletanten“ (Original Schreibweise!) der frühen 80er Jahre, die im Schatten der Mauer eine noch heute wirkende Tradition begründeten. Die berühmte „Große Untergangsshow“ mit den Einstürzenden Neubauten, Die Tödliche Doris u.v.a. löste ein selbstbewußtes Experimentieren mit neuen Formen aus.
In Opposition zu althergebrachten Standards wie Virtuosität und handwerlichem Perfektionismus, die man als inspirationsfeindlich empfand, wurde dort der Grundstein für bahnbrechende musikalische und künstlerische Neuerungen gelegt. Dazu gehörte die Erweiterung des muskalischen Instrumentariums (Schrott - Teile, pfeifende Teekessel) ebenso wie - in Abkehr vom Wohlklang - das selbstbewußt - fröhliche Bekenntnis zur Dissonanz. Oder man nahm gewisse Rock-Klischees wie die Besetzung Gitarre / Bass / Schlagzeug und die entsprechenden Bühnenrituale zum Anlaß, sie als solche kenntlich zu machen und lustvoll zu sabotieren. Damit setzte man der bis dahin ungebrochenen Vormachtstellung anglo-amerikanischer Popmusik eine eigenständige musikalische Bewegung entgegen. (CD)

LOST IN MUSIK 11 / MUTTER, DORIS UND VERWANDTE
Regie/Buch Christoph Dreher
Realisation Christoph Dreher und Rotraut Pape
Schnitt / Mastering Rotraut Pape
Grafik Gérard Couty
Kamera Chris Rowe, Rotraut Pape, Rolf S. Wolkenstein, Peter-Karl Meyer, Ralph Meiling, Antje Schäfer, Nikolai Kätsch
Licht Michael Fensker, Clemens Schönborn
Ton Joachim Fleischacker, Manuel Wilhelm
Mischung Christian Graupner
Assistent Roland Patzelt
Produktionsleitung Gabriele Schnoor
Redaktion Christian Cloos, Claudia Tronnier. Das kleine Fernsehspiel, ZDF/arte
Produktion Turner & Tailor, Berlin


Die in LOST IN MUSIC: MUTTER, DORIS und VERWANDTE portraitierte Szene speist sich z.T. aus Traditionen der „Genialen Dilletanten“, trägt aber immer auch ganz eigene Stile bei. Die vorgestellten Bands und Interpreten stehen sich nicht nur ideell, sondern teilweise auch familiär nahe.
Sie profitieren von der heutigen Berliner Situation, die besonders im Ostteil mit seinen illegalen Clubs und der dazugehörigen Subkultur besondere Möglichkeiten der Entfaltung bietet, jenseits sonst häufig kontraproduktiver ökonomischer Zwänge.

Françoise Cactus (auch bekannt als singende Schlagzeugerin der legendären Lolitas) und Brezel Göring sind das deutsch-französische Duo STEREO TOTAL. Sie befinden sich in der Tradition von Sonny & Cher sowie der glorreichen französichen Poptradition der 60er Jahre (Françoise Hardy, Jaques Dutronc, Michel Polnareff, Serge Gainsbourgh etc.). Musikalisch im Zentrum steht die Heimorgel...

MUTTER ist die musikalisch zwischen wuchtig-trägem doom metal und einer eigenen Variante des easy listening sich frei bewegende Gruppe um Sänger Max Müller. Ihre Platten tragen Titel wie „Ich schäme mich, Gedanken zu haben, die andere Menschen in ihrer Würde verletzen“, und ihre Songs handeln von der Erde als „schönstem Platz im All“ ebenso wie von dem Neo-Nazi-Führer Michael Kühnen oder Massenmörder Fritz Honka.

DIE TÖDLICHE DORIS ist eine Performancegruppe, die zum Kern der „Genialen Dilletanten“ gehörte und, nachdem sie sich Mitte der 80er offiziell aufgelöst hatte, über die Jahre immer wieder Auferstehung feiert. Seit Krankheit und Tod des Urmitglieds Niki Utermöhlen performt man als Duo, bestehend aus Käthe Kruse und Wolfgang Müller, Bruder von MUTTER´s Max. Die Gebrüder Müller besuchen ihre leibliche Mutter (gewissermaßen eine DORIS - und MUTTER-Mutter) in ihrer Heimatstadt Wolfsburg, gipfelnd im von Max und seiner Mutter gemeinsam intonierten Mutter-Lied.

Wolfsburg und VW sind auch Hauptmotive in der Wolfsburg Oper von Ur-Dilletant Frieder Butzmann, die u.a. die verblüffenden sprachlichen Analogien zwischen der VW - Autowelt und der des Balletts thematisiert.

Der von MUTTER - Mitglied Frank Behnke gemanagte Klaus Beyer ist ein Multi- Media-Künstler besonderer Prägung, der seit über 15 Jahren seine eigenen Super- 8-Filme produziert. Dabei macht er alles selbst, von Idee und Regie über Kamera, Schnitt und Darstellung bis zur Vertonung. Die dafür erforderlichen Songs spielt er auch noch selbst ein. Seit einiger Zeit widmet sich Klaus Beyer, hauptberuflich Kerzendreher, verstärkt dem Gesamtwerk seiner Lieblingsband, The Beatles. Nach und nach erstellt er aus Instrumentalpassagen der Originalmusik und eigenen Textübersetzungen deutsche Fassungen ihrer Songs. Auch Verfilmungen aller Beatles-Alben sind in Arbeit.

LOST IN MUSIC: MUTTER, DORIS und VERWANDTE gipfelt in einem Beatles-Abend, bei dem Klaus Beyer und einige der zuvor präsentierten Berliner Künstler den Fab Four aus Liverpool mit ungewöhnlichen Coverversionen Tribut zollen...