LOST IN MUSIK 4 / HOCH ÜBER HAMBURG

1994, TV Collaboration
LOST IN MUSIK 4 / HOCH ÜBER HAMBURG
Turner&Tailor (Dreher)
55:00 min, Beta Sp

mit: Blumfeld, Cpt. Kirk &., Die Braut Haut Ins Auge, Die Goldenen Zitronen, Motion, Die Sterne, Rocko Schamoni, Alfred Hilsberg, Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs, Das Neue Brot, Die Regierung u.a.

Die erste Folge von Lost In Music, die eine lokale Szene porträtiert. Eine Szene, die sich zwar durch einen gitarrenorientierten Musikstil, aber mehr noch durch eine verbindende Haltung zu Grundfragen des Musikmachens, des Musikgeschäfts bis hin zu weitergehenden politischen und philosophischen Fragen definiert. In LIM 4 äußern sich Die Goldenen Zitronen, Cpt. Kirk &., Die Braut Haut Ins Auge, Blumfeld und viele andere zu Text und Inhalt ihrer Musik. Rocko Schamoni, selbst Wirt im bekannten und beliebten Pudelclub, führt durch die Orte des Geschehens: Kneipen, Bars und Clubs auf dem St-Pauli-Kiez. Außerdem Rückblick mit Alfred Hilsberg und Klaus Maeck auf die frühen achtziger Jahre, Punk und das legendäre Zick-Zack Label, daß seit geraumer Zeit in Hamburg die innovativsten deutschen Bands herausbrachte (Einstürzende Neubauten, Palais Schaumburg, FSK, Die Haut).


LOST IN MUSIC: Hoch Über Hamburg
Regie/Buch, Realisation Christoph Dreher,
Realisation, Schnitt, Mastering Rotraut Pape
Konzeptionelle Mitarbeit Ellen El Malki
Kamera Ingo Manzke, Enno Born, Chris Turner
Ton Joachim Fleischacker
Grafik Achim Werner
Produktionsleitung Susanne Ehlers
Redaktion Christian Cloos, Claudia Tronnier
Das kleine Fernsehspiel, ZDF/ arte
Produktion Turner & Tailor, Berlin

Die 4. Ausgabe des hoch gelobten und inzwischen auch mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Magazins über deutsche Musikszenen befaßt sich diesmal mit einer lokalen Szene, die sich nicht durch ein musikalisches Genre definiert, sondern durch eine verbindende Haltung zu Grundfragen des Musikmachens, des Musikgeschäfts bis hin zu weitergehenden politischen und philosophischen Fragen.

„Hoch über Hamburg“ entstand wieder unter der Leitung des „Turner & Tailor“ (ehem. WELTBILD) -Teams (Regie: Christoph Dreher, Co-Realisation/Schnitt: Rotraut Pape, Produktion: Rolf S. Wolkenstein), das verantwortlich ist für die charakteristische Gestaltung des Magazins. In ihr ist der vermeintliche Gegensatz von Substanz und Unterhaltung aufgehoben zugunsten eines beides verbindenden Stils, für den der inzwischen inflationär angewandte und daher etwas entwertete Begriff Infotainment in besonderer Weise zutreffend ist.

In der aktuellen LIM-Folge „Hoch Über Hamburg“ wird ein Bild einer besonders lebendigen und produktiven Konstellation von Bands entworfen.

LIM 4 entfaltet ein Spektrum an Bands, Entertainern und Schauplätzen dieser Hamburger Szene: Gemeinsam ist ihnen ein Begriff von Independent, der über die Zugehörigkeit zu Independent-Labels hinaus die persönliche, künstlerische und politische Unabhängigkeit umfaßt.
Die Goldenen Zitronen performen ihren Song „Das bißchen Totschlag“, mit dem sie ihren Wandel dokumentieren von Deutschlands bekanntester Fun-Punk-Band zu einer Band, die in ihren Texten klare linksradikale Position zum Zeitgeschehen bezieht.

Von Blumfeld sieht man zu dem Stück „Verstärker“ einen eigens für die Sendung hergestellten Clip, ebenso von Cpt. Kirk &. („Racist Friend“) sowie Motion („Ein neuer Morgen“), bei denen Mitglieder der Goldenen Zitronen ebenso beteiligt sind wie Rocko Schamoni.

Schamoni ist auch feder- und zapfhahnführend beim Pudelklub, ein Ort für Performances besonderer Art, die u.a. von Mitgliedern beteiligter Bands und Labels frequentiert werden. Man bekommt Eindrücke vom letzten Abend des Pudelklubs am angestammten Ort, der unter dem Motto stand: „20.000 Jahre Erde: Ein Jubiläum feiert Geburtstag“. In einem Diavortrag wird das Motto wissenschaftlich untermauert, dazu gibt es eigens für den Abend angefertigte Gemälde zum Thema: „Die 8 Weltwunder“ ( „Minky Maus“, „Frei- und Fahrtenschwimmen“, „Hypose“, etc.) zu sehen.

Ebenso souverän und kühn wie als Wissenschaftler betätigt sich Rocko Schamoni auch als Führer durch wichtige Orte des Geschehens (Kneipen wie „Der Sorgenbrecher“, legendäre Lokalitäten wie die berühmte Polizeistation Davidswache) und vermittelt beiläufig Grundlegendes und Hintergründiges ( „Der Hamburger und der Puff sind nicht zu trennen“).
Anläßlich eines Konzerts in der Hafenstraße, bei dem auch Cpt. Kirk &.. zu erleben sind, thematisiert sich der unterschiedliche Bezug, den viele Musiker zu diesem Ort und Thema haben.

Cpt. Kirk &. performen aus ihrem - Robert Wyatt gewidmeten - letzten Album das Stück „Racist Friend“, in dem ebenso deutlich wie bei den Goldenen Zitronen eine klare Position zu einem brisanten politischen Thema bezogen wird. Mehr noch, es wird eine Stellungnahme, eine Haltung eingefordert, man begnügt sich nicht mit kritischen Anmerkungen.

Die Braut Haut Ins Auge ist nicht nur die einzige Frauenband der HHer Szene, sie ist auch die einzige mit Major-Vertrag. Von ihrem ersten Album spielen sie das Stück „Mondän“ und sprechen über ihr Selbstverständnis und ihre Vorbilder, die Liverbirds, eine Frauenband aus den 60ern, die bei einem Auftritt im ehemaligen Star Club an der Reeperbahn zu sehen sind.

Ein Umzug ist der Anlaß, eines der zwei für „unsere“ HHer Szene wichtigsten Independent-Label kennenzulernen - L`AGE D`OR - und eine Reihe der zugehörigen Bands wie Die Sterne, Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs, Das Neue Brot und Die Regierung.

Alfred Hilsberg verkörpert mehr als jeder andere eine Tradition seit Ende der 70er Jahre, auf verschiedenen Labels immer wieder die eigenständigsten und innovativsten Bands entdeckt und veröffentlicht zu haben (früher unter anderem Einstürzende Neubauten, Palais Schaumburg, Die Haut, dann Blumfeld, Cpt. Kirk &., etc.). Zusammen mit Klaus Maeck berichtet er - zu Filmdokumenten aus dieser Zeit - über die bewegten frühen 80er und die Vorläufer der von uns behandelten heutigen Szene.
CD.